Geldgewinn, Kaffeefahrt, OLG Hamm, Urteil vom 8.02.2007 - Az. 21 U 138/06

In letzter Zeit häufen sich in Deutschen Briefkästen so genannte Gewinnbriefe. Darin wird dem Empfänger zu einem Geldgewinn oder Sachgewinn gratuliert. Dem vermeintlichen Gewinner wird gesagt, dass er den Gewinn erhält, wenn er bei einer „Gewinnfahrt“ teilnimmt. Dort werde ihm sein Gewinn übergeben. Bei dem vermeintlichen Gewinn handelt es sich jedoch primär um eine Anlockungstaktik. Die Gewinner nehmen an einer so genannten „Kaffeefahrt“ teil. In einem abgelegenen Gasthaus wird ihnen dann von der Wunderheilpille bis zur Heizdecke jedes erdenkliche Kaufgut angeboten. Der Gewinn soll dann beim Erwerb der Kaufware angerechnet werden. Angeblich soll der Käufer damit ein gutes Geschäft machen. Der einzige, der bei dieser Veranstaltung gewinnt, ist der Veranstalter selbst. Die Waren sind meist minderer Qualität und nicht annähernd den Preis wert.
Ein weiteres Interesse liegt in der Erlangung von Daten der vermeintlichen Gewinner, die dann verkauft werden können. Die Gewinner sollen im Rahmen eines Anschreiben, dass sie etwas gewonnen hätten, einen Datenzettel ausfüllen und bekämen dann ihren Gewinn. Einen derartigen Fall hatte das OLG Hamm soeben zu entscheiden.

Die Teilnehmer aber haben Anspruch auf ihren Gewinn, wenn sie das Anschreiben so verstehen durfen, dass sie bereits Gewinner der jeweiligen Preise waren. Dies wurde nun wieder durch das OLG Hamm bestätigt.
OLG Hamm, Urteil vom 8.02.2007 - Az. 21 U 138/06

Sachverhalt:

Die Klägerin erhielt ein Anschreiben mit folgendem Inhalt:

„Persönliche Nachricht für den glücklichen Gewinner
Sehr geehrte Frau I,

ich bringe gute Nachrichten und habe heute die Ehre, Ihnen herzlich gratulieren zu dürfen…Ich kann Ihnen folgendes bestätigen:
Frau I hat gewonnen:
Einen neuen Audi A 2 im Wert von EUR 22.500,00 oder einen Barscheck…“

Des Weiteren enthielt das Anschreiben eine Passage, wonach die Gewinner alle einen Barpreis erhalten sollten, der Audi A 2 jedoch ein Hauptgewinn sei, der unter den Gewinnern verlost werden sollte. Dafür sollten die Gewinner ein Gewinnformular ausfüllen und an die Beklagte zurück schicken.

Der Beklagte hat unter anderem vorgetragen, dass keine konkrete Gewinnzusage erfolgt ist, sondern klar war, dass der Gewinner des Hauptpreises Audi A 2 noch gezogen werden sollte.

Urteil:

Das OLG Hamm kommt zu dem Schluss, dass das ihr übersandte Schreiben eine Gewinnzusage i.S.v. § 661a BGB darstellt. Wie auch der Senat (Beschluss vom 10.03.2005 – 21 W 12/05 – , OLGR 2005, 409) bereits ausgeführt hat, setzt eine Gewinnzusage voraus, dass die Mitteilung aus objektivierter Empfängersicht nach Inhalt und Gestaltung abstrakt geeignet ist, bei einem durchschnittlichen Verbraucher in der Lage des Empfängers den Eindruck zu erwecken, er werde einen – bereits gewonnenen – Preis erhalten (BGH NJW 2004, 1652; BGH NJW 2006, 230; BGH
NJW 2006, 2548). Dabei ist nicht auf einen besonders misstrauischen, aufgeklärten Verbraucher abzustellen, sondern darauf, wie ein durchschnittlich informierter, aufmerksamer und verständiger Verbraucher die Mitteilung nach ihrem Gesamteindruck auffassen muss. Es kann allerdings erwartet werden, dass der Verbraucher nicht nur reißerisch durch größere Schrifttypen drucktechnisch hervorgehobene Passagen zur Kenntnis nimmt, sondern auch die Sätze des Fließtextes liest, die sich zwischen den hervorgehobenen Sentenzen befinden.

Man muss den Text schon äußerst "spitzfindig" betrachten, um ihn entsprechend der Auslegung der Beklagten dahin zu verstehen, es werde lediglich eine Gewinnalternative in Form eines PKW Audi A2 oder eines der Höhe nach noch offenen Bargeldschecks angekündigt. Die Sendung ist vielmehr darauf angelegt, dem Leser die Vorstellung zu verschaffen, er habe einen PKW Audi A2 oder 25.000 € gewonnen und könne sich zwischen diesen beiden Alternativen frei entscheiden, wobei bei einer Antwort innerhalb von 24 Stunden weitere 12.500 € ausgeschüttet würden. Soweit es an einer Stelle im "offiziellen Gewinndokument" heißt "falls Sie die Gewinnerin des Haupttreffers sind" und auch die "Gewinnerbefragung" eine ähnliche Formulierung enthält, mussten die Formulierungen einen durchschnittlichen Empfänger nicht misstrauisch machen, weil andererseits suggeriert wurde, die Ausspielung der Gewinne habe bereits stattgefunden. Eine Gewinnzusage kann auch nicht deshalb verneint werden, weil die "Verleihung" des Preises von der Rücksendung bestimmter Unterlagen abhängig gemacht worden ist. Eine Mitwirkungshandlung kann dem Verbraucher nicht abverlangt werden, da es der gesetzgeberischen Intention widerspräche, die Entstehung des Anspruchs daran zu knüpfen, dass sich der Verbraucher so verhält, wie vom Versender der Gewinnzusage (wettbewerbswidrig) beabsichtigt (BGH NJW 2006, 2548, 2549f.).

Haben Sie ebenfalls ein solches Schreiben erhalten? Wir prüfen für Sie, ob Sie Ansprüche geltend machen können, info@anwaeltin-heussen.de.